Köln - 30. September 2015
Nach der Wiedererrichtung: 60 Jahre Veranstaltungskultur im Gürzenich Köln
Nach der Zerstörung des Gürzenich im Zweiten Weltkrieg wurde er innerhalb von sechs Jahren wieder aufgebaut. Am 2. Oktober 1955 folgte die feierliche Wiedereröffnung der „Guten Stube“ Kölns – vor genau 60 Jahren.
In der Nacht vom 29. auf den 30. Juni 1943 legten britische und amerikanische Bomber Köln in Schutt und Asche. Nicht nur der Dom wurde stark beschädigt, auch der Gürzenich war getroffen worden. Erhalten blieben nur die Umfassungsmauern. Bereits 1948 entschieden sich die Kölner für den Wiederaufbau ihrer „Guten Stube“. Da in jener Zeit die dringendste Bauaufgabe im Wohnungsbau lag, zeigt dieser frühe Entschluss, welch hohen Stellenwert der Gürzenich bei den Kölner Bürgern besaß. Dann ging es für Kölner Verhältnisse vergleichsweise schnell.
Am 2. Oktober 1955, nach sechsjähriger Bauzeit, wurde der Gürzenich feierlich wiedereröffnet. Konrad Adenauer hielt eine Eröffnungsrede in der er „ausdrücklich betonte“, dass der festlich-repräsentative Gürzenich auch für den Karneval bestimmt sei. Der Gürzenich sollte nicht nur Alt mit Neu verbinden, sondern auch Trauer und Freude. Die Kölner nahmen ihren Bürgermeister beim Wort. Damals wie heute zählen die Karnevalssitzungen- und Bälle zu den beliebtesten Veranstaltungen. Etwa 75.000 Besucher kommen jährlich zu den rund 50 Sitzungen in den Gürzenich. Die erste Prinzenproklamation fand übrigens schon 1959 im Gürzenich statt. Insgesamt finden pro Jahr etwa 200 Veranstaltungen mit rund 137.000 Besuchern statt. Dazu zählen Kongresse, Tagungen, Hauptversammlungen, Konzerte, Märkte und Bälle.
Errichtet wurde der Gürzenich in den Jahren 1441 bis 1447. Damals wurde er als städtisches Kaufhaus und für Festivitäten von Kaisern und Bürgern genutzt. Im 19. Jahrhundert blühte die Festhaustradition wieder auf und der Gürzenich avancierte zur wichtigsten und beliebtesten Veranstaltungsadresse in Köln. Der erste Karnevalsball wurde bereits 1824 im Gürzenich veranstaltet. Aus Platzmangel wurde der Gürzenich von 1853 bis 1855 erstmals erneuert und um den neogotische Anbau mit dem Treppenhaus und dem Isabellensaal erweitert. Ab 1857 veranstaltete die Cölner Concert-Gesellschaft im Gürzenich ihre Konzertreihen des Gürzenich-Orchesters.
Nach der Wiedereröffnung 1955 wurde ein weiterer Umbau nötig, als das Gürzenich-Orchester in die 1986 eröffnete Philharmonie umzog. Es mussten neue Nutzungsschwerpunkte für den Gürzenich gefunden werden. 1994 übernahm die eigens dafür gegründete KölnKongress GmbH den Betrieb des Veranstaltungshauses. Es erfolgte eine Modernisierungsphase unter weitgehender Wahrung derdenkmalgeschützten Bausubstanz. Am 19. September 1997, in Anwesenheit des damaligen Bundeskanzlers Roman Herzog, wurde der „4.“Gürzenich wiedereröffnet. Seitdem haben unter der Leitung von KölnKongress knapp 4.400 Veranstaltungen mit über drei Millionen Besuchern stattgefunden.
Auch die Prominenz fühlte sich im Gürzenich immer wohl: 1505 besuchte Kaiser Maximilian I. die „Gute Stube“ Kölns und auch die Krönungsfeier von Kaiser Karl V. fand 1520 im Gürzenich statt. 1848 wurde der „Demokratische Arbeiterverein“ gegründet, der unter Leitung von Karl Marx auch mehrere Versammlungen im Gürzenich abhielt. Zu Ehren des Kaiserpaares gab es 1911 einen Empfang im Gürzenich. 1967 kamen zur Gedenkfeier anlässlich des Todes von Konrad Adenauer neben 1.500 Trauergästen auch der französischer Präsident Charles de Gaulle und der Präsident der USA Lyndon B. Jonson. 1980 wurde das 100-jährige Jubiläum der Vollendung des Doms feierlich im Gürzenich ausgerichtet, zu dem auch der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt kam.
Die Kölner Gipfeltage im Juni 1999 – gleich sechs hochkarätige politische Ereignisse – rückten den Gürzenich ins Licht der Weltöffentlichkeit. Innerhalb weniger Tage fanden nicht nur die Sitzungen des Europäischen Rates, der Außenminister der G8-Staaten, der Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten, sondern auch mehrere Sondersitzungen zur Lösung des Kosovo-Konfliktes statt. Zu Parteitagen oder Wahlkampfveranstaltungen kamen und kommen immer wieder Bundeskanzler, Minister oder Oberbürgermeister in den Gürzenich. Anlässlich des Literaturfestivals der lit.Cologne besuchten Michail Gorbatschow und Herbert Grönemeyer die „Gute Stube“. 2010 gab Seal ein exklusives Radiokonzert im Kleinen Saal.
Diese Bandbreite an lokaler und weltpolitischer Prominenz zeigt ganz deutlich: Von seiner langjährigen Tradition als Festhaus für und von den Kölner Bürgern hat der denkmalgeschützte Gürzenich bis heute nichts eingebüßt. In seiner 568-jährigen Geschichte war und ist er immer noch die „Gute Stube“ Kölns und gleichzeitig eines der repräsentativsten Veranstaltungszentren Europas.
Seit 1994 betreibt die KölnKongress GmbH den Gürzenich. Mit acht außergewöhnlichen Locations, rund 2.000 Veranstaltungen und über 1.000.000 Besuchern jährlich ist KölnKongress der größte Anbieter von Veranstaltungsstätten in Köln. Zum Portfolio zählen unter anderem das Congress-Centrum Koelnmesse, die Flora und der Tanzbrunnen Köln mit Theater und Open-Air-Gelände.
Fotos u. Text: (c) KölnKongress